Über 100 Jahre

 Die Obermeister der Fleischerinnung Karlsruhe-Bruchsal von 1904 bis heute

1904-1905           Christoff Ullrich
1905-1912           Wilhelm Dietrich
1912-1923           Heinrich Betsche
1923-1925           Friedrich Fazler
1925-1933           Emil Güntert
1933-1944           Theodor Fazler
1944 1945           Willy Bliss
1945-1966           Emil Wittmer
1966-1993           Karl Müller
1993-2015           Heinz Kunzmann
seit 2015             Sven Herrwerth

 

Fleischerhandwerk in Karlsruhe und Bruchsal, die Geschichte der Innung.

Am 26. Juli 1904 fand im großen Rathaussaal von Karlsruhe ein bedeutsames Ereignis statt: In feierlichem Rahmen wurde die Gründung der „Freien Fleischerinnung  für den Arbeitsbezirk Karlsruhe“ vollzogen. Die Initiative ging von Christoff Ullrich aus, seines Zeichens Fleischermeister und Stadtverordneter, gleichzeitig Vorsitzender der Freien Genossenschaft. lm gleichen Jahr wandelte er die Genossenschaft in eine “Karlsruher Haut- und Fellverwertung“ um, die erst im Jahre 1909 nach dem Genossenschaftsgesetz von 1889 einen wirklichen genossenschaftlichen Charakter annahm. Christoff Ullrich war nur 1 Jahr lang Obermeister. Aus geschäftlichen und gesundheitlichen Gründen musste er zurücktreten. Sein Nachfolger, Wilhelm Dietrich, war immerhin 7 Jahre lang im Amt. In dieser Zeit gründete er die Karlsruher Schlachtviehversicherung sowie eine von der lnnung besoldete Kopfschlachterei. Zusammen mit dem Vorsitzenden Emil Fichter besorgte er die Geschäfte der Karlsruher Hautverwertung und organisierte erstmals ausländische Viehzufuhren zur Preisregulierung des Karlsruher Schlachtviehmarktes.
Die Schlachtviehversicherung fusionierte vor etwa 20 Jahren mit Stuttgart. Heinrich Betsche hieß der nächste Obermeister, er war von 1912 bis 1923 im Amt. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern. In die Amtszeit fiel die  Gründung der Badischen Fettschmelze GmbH am Schlachthof, die von Betsche, Hautverwertung-Vorsitzender Friedrich Ebbecke und Ehrenobermeister Wilhelm Dietrich maßgebend geprägt und von der Fleischerinnung mit ins Leben gerufen wurde. lm ersten Jahr des 1. Weltkriegs konnte der 10. Geburtstag von Innung und Genossenschaft gefeiert werden. Die Weihung einer lnnungsfahne gab dem Fest einen besonderen Glanz.
ln den 6 Jahren des Krieges und der Zwangswirtschaft mussten Innung und Genossenschaft harte Arbeit leisten, um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen. Ereignisreich war vor allem das Jahr 1919: Am 1. April wurde die Karlsruher Viehmarktbank als Bankinstitut des Karlsruher Fleischerhandwerks gegründet, Vorsitzende wurden Obermeister Heinrich Betsche und Friedrich Fazler. Die Viehmarktbank wurde  vor ca. 30 Jahren mit der Volksbank verschmolzen. Betsche konnte als Stadtverordner und mit Hilfe seiner Parteifreunde die damals drohende Kommunalisierung und Sozialisierung des Fleischerhandwerks erfolgreich abwehren. Zeitgleich delegierte man ihn als Mitglied in die Vollversammlung der Handwerkskammer Karlsruhe. Als im Jahre 1920 die Fleischzwangsbewirtschaftung aufgehoben wurde verschwand die Einheitswurst des Krieges der Heißhunger  der Bevölkerung nach Qualitätsware konnte endlich wieder gestillt werden. Das löste allerdings auch eine sprunghafte Viehpreis-Teuerung aus, die der Fleischermeister meist selbst zu tragen hatte. Erst nach Aufhebung der Preisprüfungsstellen und der Preistreiberei-Verordnung im Jahre 1926 konnten Angebot und Nachfrage wieder den Verkaufspreis von Fleisch und Wurst bestimmen.
1921 rief man unter der Mitwirkung der Karlsruher Genossenschaft die Badische Zentralauktion für Häute und Felle ins Leben, die abwechselnd monatlich die Häute und Felle in Mannheim und Karlsruhe zur Versteigerung brachte. Wie überall in Deutschland wurden die Jahre 1922+1923 zu einem wirtschaftlichen Leidensweg. Zuletzt kostete 1 Pfund Fleisch 1 Billion Papiermark. Im Fleischerhandwerk wurde man täglich ärmer. Ein stark betroffener war Obermeister Heinrich Betsche, der sein Geschäft nicht mehr vernachlässigen konnte. 1923 wurde er von Friedrich Fazler abgelöst. In dessen 2-jährige Amtszeit fielen einige wichtige Innungsereignisse: Es entstand eine eigene Glasschutzversicherung und eine Landessterbekasse wurde eingerichtet. Im Jahr 1924 wurde auch der Fleischersängerbund gegründet, der bei allen Jubiläen der lnnung und ihrer wirtschaftlichen Einrichtungen sowie auch auf Landes- und Bundesebene, teils als Einzelchor, teils bei Massenchören mitwirkte. Nach vielen Vorgängern war Armin Keiber 23 Jahre lang Sängervorstand. Da die Obermeister der Innungen auch meistens der Vorstandschaft der Genossenschaften und dem Sängerbund angehörten waren diese drei Institutionen schon immer sehr eng miteinander verbunden. Leider musste aus personellen Gründen der Chor 1993 aufgelöst werden, was wir heute sehr bedauern, denn er war eine große Bereicherung unseres lnnungslebens.
Neue Schutzzölle, steigende Viehpreise und eine wachsende Hetze gegen die Fleischer, die man als Warenverteurer und Volksausbeuter bezeichnete, prägten die Zeit ab 1925. Ein völlig marktfremdes Preisabbaugesetz konnte gerade noch zu Fall gebracht werden. Zermürbt durch Krankheit und geschwächt durch diese Wirtschaftskämpfe starb 1925 Obermeister Friedrich Fazler. Sein Nachfolger wurde Emil Güntert. Ein Jahr später kam endlich die langersehnte Wirtschaftsfreiheit. Doch wieder kamen Probleme: Durch die Reparationslasten wurde die Steuerschaube bis zum Weißbluten angespannt. Außerdem entstanden immer schärfere Arbeitszeitbestimmungen: Obermeister Güntert hatte mit den Finanzämtern und Gewerbeaufsichtsämtern seine liebe Not. Bedrückend war aber vor allem die steigende Arbeitslosenzahl. Das Jahr der nationalsozialistischen Machtergreifung bedeutete den Rücktritt von Obermeister Güntert. Die Deutsche Arbeitsfront setzte Theodor Fazler, den Sohn des früheren Obermeisters ein. Die Handwerksorganisationen waren die einzigen nicht aufgelösten Arbeitgeber-Organisationen, sie waren aber im wahrsten Sinne des Wortes nur Befehlsempfänger. Ähnlich war es auf dem wirtschaftlichen Sektor. Die einsetzende staatliche Planwirtschaft , wurde auf landwirtschaftlichem und fleischergewerblichem Gebiet auf der Hauptvereinigung der deutschen Viehwirtschaft, kurz HV genannt, gelenkt. Das organisatorische Leben der lnnung war damit ausgefüllt, außer der Teilnahme an vielen Aufmärschen besonders am Gelingen dieser Zwangswirtschaft mitzuarbeiten, ohne die Interessen der Mitglieder zu sehr zu gefährden.
Durch die gute Arbeit von Theodor Fazler war es zumindest bis zum Ausbruch des Krieges zu schaffen, dass die Versorgung mit Vieh und Fleisch nicht schlecht war. Die Badische Fettschmelze tat sich mit der lnnung zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen und bekam die Funktion eine Fleischverteilungsstelle der Reichsstelle für Tiere und tierische Erzeugnisse übertragen. 1938 wurde eine Personalunion der Fettschmelze mit der Karlsruher Häuteverwertung herbeigeführt. Theodor Fazler fiel 1944 dem Krieg zum Opfer. Sein Nachfolger Willy Bliss steuerte das Innungs- und Genossenschaftsschiff bis zum militärischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch 1945. Er verstand es mit großem Geschick, die Kriegsdienst-Einziehung vieler lnnungs- und Genossenschaftsmitglieder zur Stärkung der Heimatfront zu verhindern und auch viele Betriebe mitsamt den Genossenschaftseinrichtungen vor der Stilllegung zu bewahren. Im Jahre 1945 wurde Emil Wittmer zum Obermeister bestellt, der 1952 auch zum badischen Landesinnungsmeister gewählt wurde. Es war eine Zeit der zähen Aufbauarbeit, die Wittmer mit seinen Stellvertretern Robert Kappler und Christian Wolf zu leisten gezwungen war. Wittmer war die treibende Kraft für die Zusammenlegung der Badischen Fettschmelze und der Karlsruher Häuteverwertung zur Fleischerei-Genossenschaft Karlsruhe eGmbH am 1. Januar 1951.
Durch Sortimentserweiterung und die Gründung einer Fleischabteilung wurde der Grundstein für ein ständiges Wachstum gelegt. Als Karl Müller im Jahre 1966 das Obermeisteramt von Emil Wittmer übernahm, ahnte er noch nicht, dass er genau 25 Jahre später Gastgeber des Deutschen Fleischer-Verbandstags sein würde. Der Verbandstag ist die Krönung seiner Laufbahn, die eng mit Innung und Genossenschaft verbunden ist. Seine ehrenamtlichen Stationen dokumentieren seinen vielseitigen Einsatz für die Kollegen, der beispielhaft ist. Im Jahr der Obermeisterwahl wurde er auch in den Aufsichtsrat der Fleika berufen, zuvor war er schon 5 Jahre lang im Aufsichtsrat der Karlsruher Viehmarktbank tätig gewesen. 1967 wurde Müller stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Fleika, 1978 Aufsichtsratsvorsitzender. In diese Zeit fiel die Einführung des Frischfleischgroßhandels (1967), der schon 1970 Hauptumsatzträger war. 1972 wurde die Fusion mit Bruchsal vollzogen, 1976 das Grundstück in Karlsruhe und die Gebäude im Erbbaurecht erworben (hier ist auch der lnnungssitz). 1981 wurde die Fettschmelze zugunsten eines Liefervertrags mit einem Fachunternehmen geschlossen. Im gleichen Jahr zog die Abteilung Frischfleisch in eigene Räume um. 1982 wurde die Abteilung Fleischereibedarf neu gebaut und die Niederlassung Bruchsal geschlossen. 1983 wurde ein Verkaufslager festlich eröffnet.
Mit der Bestellung von Hans Tränkler zum geschäftsführenden Vorstandsmitglied der Fleika wurde 1981 eine weitere Grundlage für die derzeit hervorragende Position der Genossenschaft gelegt: Den 395 Mitgliedern konnte 1990 ein Umsatzvon 18,8 Mio. DM gemeldet werden. Drei Letzte Daten von der Fleika: 1986 wurde ein Schulungsraum für die Weiterbildung und überbetriebliche Unterweisung gebaut, 1987 entstand ein Erweiterungsbau der Frischfleischabteilung und eine eigene Werkstatt wurde eröffnet. 1992 wurde die Süddeutsche Fettschmelze Mannheim, mit der Fleika Karlsruhe, zusammengelegt. Die neue Genossenschaft gab sich den Namen FGS- Fleischer- und Gastronomieservice e.G. Die Geschäftsführung lag von 1981 bis 2003 in den Händen von Hans Tränkler, der auch gleichzeitige Geschäftsführer. Der lnnung war. 1999 fusionierte die lnnung Bruchsal mit Karlsruhe unter den damaligen Obermeistern Anton Reineck und Heinz Kunzmann. In der fusionierten lnnung wurde Anton Reineck Ehrenobermeister, Obermeister dieser neu zusammengeführten Innung, der man den Namen Fleischerinnung Karlsruhe-Bruchsal gab, war Heinz Kunzmann. Stellvertretender Obermeister wurde Gerhard Baader.